Vereintes Lernen in ParaguayJugendliche geben ihr Wissen im Agrarbereich an Kleinbauern weiter
In Paraguay ist Landwirtschaft der Wirtschaftsmotor. Besonders der Sojaanbau boomt, doch diese Monokultur birgt Gefahren: Sie kommt nur einigen wenigen – vornehmlich den Großkonzernen – zugute. Für die Kleinbauern sind Anbau und Produktion nicht rentabel, sichern nur selten den Lebensunterhalt der Familie und führen zu einseitiger Ernährung. In der Region Coronel Oviedo bildet Don Bosco Jugendliche zu kompetenten Multiplikatoren im Agrarbereich aus. Sie lernen nachhaltige und vielfältige Landwirtschaft und geben ihr gelerntes Wissen an die Kleinbauern der Region weiter.
Sojaboom mit gefährlichen Langzeitfolgen
In Paraguay spielt die Landwirtschaft die zentrale Rolle für die Entwicklung des Landes. Hier arbeitet fast die Hälfte der Beschäftigten und sie macht den Großteil der Exporte des Landes aus.
Die Sojabohne ist mit Abstand das wichtigste Exportprodukt des Landes und zentraler Pfeiler der paraguayischen Wirtschaft. Rund 1.000 Großbetriebe, die 90% der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen besitzen, sind hoch entwickelt. Die Folgen der massiven Expansion des großflächigen und in Monokultur erfolgenden Sojaanbaus sind vielfältig: massive Entwaldung, Bedrohung der Umwelt und der Biodiversität, großflächiger Pestizideinsatz, Krankheiten, Auslaugung des Bodens und Wasserverschmutzung. Dreiviertel der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen sind mittlerweile bereits in Händen von Sojakonzernen, die auf ihren Monokulturen mangels staatlicher Kontrollen Pestizide und chemische Dünger einsetzen. Das Gift gefährdet nicht nur die Nahrungskette, sondern verseucht auch den ohnehin immer kleiner werdenden Lebensraum der kleinbäuerlichen Landbevölkerung.
Not unzähliger Kleinbauernfamilien
Viele Kleinbauern, die mit ihrer familiären Landwirtschaft nicht mit den Sojafarmern konkurrieren können, werden von ihren Ländereien vertrieben und fliehen in die Städte. Dadurch nehmen sowohl auf dem Land wie auch in den Elendsvierteln der Städte, Konflikte rasant zu. Diese soziale Entwurzelung führt zum Zerfall zahlreicher Familien und Gemeinschaftsstrukturen.
Angesichts des aktuellen Sojabooms ist die Sicherung der Ernährungssouveränität der kleinbäuerlichen und familiären Landwirtschaft akut bedroht. Die etwa 230.000 Kleinproduzenten verfügen nur über vier Prozent der Ackerfläche und erwirtschaften kein ausreichendes Familieneinkommen. Gerade die kleinen Familienbetriebe haben jedoch eine wichtige Funktion und großes Potenzial für die Ernährungssicherung der Bevölkerung, denn sie produzieren rund drei Viertel der Grundnahrungsmittel Paraguays.
Don Bosco Landwirtschaftsschule in Coronel Oviedo
Die Salesianer Don Boscos unterhalten in Coronel Oviedo das landwirtschaftliche Ausbildungszentrum „Instituto Agropecuario Salesiano Carlos Pfannl“ (ISA). Das Zentrum besteht seit mehr als 50 Jahren und verfügt landesweit über einen guten Ruf. Die Jugendlichen, die hier ausgebildet werden, sind erfahrungsgemäß gute Unternehmer und tragen als solche zur Stärkung der lokalen und überregionalen Wirtschaft Paraguays bei. Viele der Dozenten und Techniker waren früher selbst Schüler der Einrichtung.
Das Ausbildungszentrum verfügt insgesamt über zwei Fincas mit insgesamt mehr als 3.000 Hektar Land. Die landwirtschaftliche Produktion im Rahmen der Ausbildung beinhaltet Gemüse- und Obstanbau, Forstwesen, Früchteanbau sowie Anbau zur Selbstversorgung.
Zurzeit erhalten 198 Jugendliche (darunter 16 Mädchen) eine Ausbildung in der Landwirtschaft (Futtermittelproduktion, Gartenbau, Obstbau und Forstwirtschaft), Viehzucht (Groß- und Kleintierzucht) und betriebliche Führung und Administration in der Landwirtschaft. Die Ausbildung dauert insgesamt 3 Jahre. Neben der fachlichen Ausbildung wird die persönliche Entwicklung der Jugendlichen gefördert. Das Zusammenleben im Wohnheim und gemeinsame Freizeitaktivitäten sind wichtige Aspekte während der gemeinsamen Ausbildungszeit.
Gemeinsam lernen – Aufbau von Selbsthilfestrukturen
Da viele Kleinbauern nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt durch eine ausreichende Produktion zu sichern, ist in Zusammenarbeit mit der Don Bosco Landwirtschaftsschule IAS das Outreachprogramm entstanden. In fünf Distrikten (San Joaquin, Simón Bolivar, Doctor Cecilio Baez, Coronel Oviedo und Carayao) ist die wirtschaftlich Lage der Kleinbauernfamilien besonders prekär. Der Anbau von Monokulturen (Mais, Baumwolle und Maniok) bringt keine ausreichenden Erträge, die den Lebensunterhalt der Familien sichern. Es fehlen Kenntnisse über eine nachhaltige Landwirtschaft. Zum Beispiel über das Anpflanzen von unterschiedlichen Sorten, die einander ergänzen, Fruchtwechsel und ökologische Düngung.
Hier treten Auszubildende der Don Bosco Landwirtschaftsschule als Multiplikatoren auf. Sie wenden die erworbenen Kenntnisse in realen Arbeitssituationen an und erwerben Erfahrungen bei der Vermittlung von Lerninhalten. Gleichzeitig lernen die Kleinbauernfamilien das nötige Knowhow für eine nachhaltige Landwirtschaft und werden befähigt, selbstorganisiert für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Durch die Erweiterung der Kenntnisse wird das Potenzial für wirtschaftliche und soziale Entwicklung verbessert und ihre gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation wird auch die Abwanderungsrate vieler Kleinbauern in die Städte langfristig senken und junge Menschen ermutigen, im Agrarbereich tätig zu werden.