Zuflucht und Schutz für ehemalige Kindersoldaten in Kolumbien
Über ein halbes Jahrhundert lang herrschte Bürgerkrieg in Kolumbien. Zehntausende Mädchen und Jungen wurden zu Kindersoldaten zwangsrekrutiert, misshandelt und missbraucht. Nach Kriegsende bleiben sie traumatisiert zurück, schutz- und heimatlos. Im Don Bosco Zentrum in Medellín werden sie aufgefangen und betreut.
Geraubte Unschuld
Erst im November 2016 ging ein mehr als 50 Jahre andauernder, brutaler Bürgerkrieg in Kolumbien zu Ende. Sowohl Regierung als auch Rebellen verursachten unsägliches Leid bei zehntausenden Jungen und Mädchen: Sie wurden als Kindersoldaten zwangsrekrutiert, missbraucht und um ihre Kindheit betrogen.
Jetzt herrscht zwar Frieden im Land, doch in den Seelen der Kinder noch lange nicht. Sie sind schwer traumatisiert. Noch keine 15 Jahre alt, sind sie oftmals drogenabhängig, werden Nacht für Nacht von Alpträumen geplagt und sind heimatlos. Der Weg zurück in die eigene Familie ist schwer. Zu groß sind Angst, Scham und Entfremdung auf beiden Seiten. Die Jugendlichen wissen nicht wohin und haben niemanden, der ihnen zeigt, wie ein Leben ohne Gewalt wieder aussehen kann.
Schutz und Frieden finden
Seit 2003 zeigt ihnen Don Bosco einen Weg aus diesem Trauma. 150 ehemalige Kindersoldaten finden in der Ciudad Don Bosco in Medellín jährlich ein Zuhause. Hier sind sie willkommen und in Sicherheit. Ein Gefühl, dass sie hier zum ersten Mal seit vielen Jahren erfahren.
„Die Jungen wurden ausgebildet, um Schmerzen zu zufügen und zu töten. Die Mädchen wurden von den Offizieren missbraucht, viele hatten Abtreibungen. Sie wissen, wie es ist, nur noch sterben zu wollen. Diese Traumata müssen sie erst bewältigen, bevor sie die Chance auf ein neues Leben haben“, betont Pater Rafael Bejarano, Direktor der Ciudad Don Bosco. Sozialarbeiter und Psychologen betreuen die jungen Menschen rund um die Uhr. So bricht ihr harter Schutzpanzer Stück für Stück auf. Sie lernen zu weinen und das Erlebte zu verarbeiten.
Ein geordneter Tagesablauf fernab von Gewalt und Tod gibt den ehemaligen Kindersoldaten zusätzlichen Halt. Sie finden sich allmählich wieder in einem geregelten Leben zurecht. Sie gehen regelmäßig zum Unterricht, holen ihren Schulabschluss nach oder machen eine Ausbildung. Im Anschluss werden sie bei der Jobvermittlung unterstützt, damit der Start in ein selbstbestimmtes Leben gelingt.
Einen Neuanfang wagen
Zu einem gelungenen Neuanfang gehört die ganze Familie. Daher organisiert und begleitet Don Bosco Treffen zwischen betroffenen Eltern und ihren Töchtern und Söhnen.
Im Oktober 2018 kommt es zu einem ersten Treffen von 14 ehemaligen Kindersoldaten mit ihren Eltern, Geschwistern, ihren Onkeln und Tanten – das erste Mal seit sechs Jahren seit sie zu Soldaten zwangsrekrutiert wurden. Die Familienangehörigen reisen zum Teil von weither an. Sie sind froh, dass ihre Kinder noch leben. Aber auch voller Sorge um ihre Töchter und Söhne, die ihnen fremd geworden sind. Es beginnen bewegende Tage – schützend begleitet von Psychologen, Pädagogen und Sozialarbeitern. Zögernd und behutsam nähern sich die Familien und die Jugendlichen einander an. Es dauert bis eine erste Umarmung zwischen Eltern und ihren Kindern gelingt – ein wichtiger Schritt damit sie Frieden finden, wieder Teil der Gesellschaft werden und in ein neues Leben gehen können.