Werkstattgespräche Berufliche Bildung 2025

Bedarfe des Beschäftigungsmarktes – Bedürfnisse junger Menschen:A match?

Die Thema Fachkräftemangel und -migration werden seit Jahren intensiv diskutiert. Zahlen aus neuen Studien dokumentieren, dass Deutschland ausländische Fachkräfte dringend braucht. Gleichzeitig wird gefragt, wie willkommen diese Kräfte sind und ob sie hinreichend unterstützt werden, damit sie auch bleiben. Gemeinsam mit Fachleuten haben wir bei den Werkstattgesprächen Berufliche Bildung genauer hingeschaut und gefragt, ob und wie die Bedarfe des deutschen Beschäftigungsmarktes mit den Bedürfnissen der einreisenden Arbeitskräfte zusammenpassen.

Der deutsche Beschäftigungsmarkt: Bedarf vorhanden

Den fachlichen Einstieg in das Thema lieferte die Perspektive auf den Beschäftigungsmarkt. Um nur eine Zahl zu nennen: 43 Prozent der deutschen Unternehmen können aktuell offene Stellen nicht besetzen (DIHK Fachkräftereport 2024/25). Kenntnisreich referierte Yorck Sievers, „Referatsleiter AHK-Netz – Globale Partnerschaften“ beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag e.V., weitere solcher Zahlen und Fakten. 

Potentiale nutzen

Michael Olma ist Referatsleiter beim Zentralverband des Deutschen Handwerks und dort zuständig für Außenwirtschaft, Internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik. Er ergänzte den Blick auf die Bedarfe um die Sicht des deutschen Handwerks. Und auch hier zeigt sich das klare Bild: Händeringend müssen Fach- und Arbeitskräfte auch aus dem Ausland geworben werden, denn das inländische Potential ist begrenzt.

Es ist eine große Aufgabe, geeignete Arbeitskräfte für den deutschen Beschäftigungsmarkt zu gewinnen – und eine noch größere, das Umfeld zu schaffen, in dem sie auch bleiben möchten.
Dr. Susanne Franke, Don Bosco Mondo
Susanne Franke Don Bosco Mondo

Neue Ideen braucht das Land

Wie man neue Kooperationen denken und umsetzen kann, um junge Menschen für eine handwerkliche Ausbildung inklusive Migration zu begeistern, schilderte Johannes Motz
Seit Jahren ist der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Ruhr sowie der Stiftung "Von Werkstatt zu Werkstatt" dem Thema Berufsbildung und Don Bosco verbunden. Mit viel Verve erzählte er vom jüngsten Coup einer Kooperation unterschiedlichster Stakeholder, um fünf jungen Solartechnikern aus Ghana ein Praktikum in deutschen Betrieben zu ermöglichen. Der große Erfolg: Alle fünf beginnen in diesem Jahr ihre Ausbildung und für 2025 sind wieder neue Praktika geplant und besetzt!

Vom Abschied nehmen… 

Im zweiten Teil der Werkstattgespräche richteten die Teilnehmenden dann den Blick auf die Bedürfnisse der Menschen, die in den deutschen Beschäftigungsmarkt kommen. Im Gespräch mit Dr. Susanne Franke tauschten Godson Amamoo, Energietechniker bei egg-Tech in Reutlingen, und Lukas de Vries, Geschäftsführer von SMPL Energy GmbH in Witten, ihre Erfahrungen aus. Beide haben eine enge Verbindung zu Don Bosco Solar in Ghana: Godson Amamoo hat dort als gelernter Elektriker einer Weiterbildung zum Solartechniker gemacht. Nach einem Praktikum in Deutschland ist er direkt von der Firma egg-Tech angestellt worden. Zwischendurch hat er sich in Ghana um sein Sprachzertifikat gekümmert – und Abschied genommen, von Familie und Freunden. Auf diesen schmerzhaften Moment wies auch Lukas de Fries hin. Er kennt Ghana gut und hat das Projekt der Kreishandwerkerschaft Ruhr und damit die erwähnten fünf Praktikanten in Deutschland begleitet. Weil er weiß, wie schwierig es weit weg von Heimat, Freunden und Familie sein kann, versucht er, den Auszubildenden das Ankommen und Bleiben zu erleichtern! 

…und Neuanfang wagen

Martin Hilgers, Geschäftsführer der Begeca in Aachen, rundete die Veranstaltung inhaltlich ab. Er berichtete von seinem Vorhaben, indische Pflegekräfte mit den richtigen Sprach- und Bildungszertifikaten an z.B. deutsche Kliniken zu vermitteln. Dieses Geschäftsmodell stellt sich vielen Herausforderungen zwischen Marktbedarfen und den Bedürfnissen der Fachkräfte: Passen Fähigkeiten und Anforderungen im Job wirklich zusammen? Viele Kräfte im Gesundheitswesen sind für ihre Aufgaben überqualifiziert. Wie gelingt das Ankommen und Bleiben in Deutschland? Welchen mitunter (nicht)alltäglichen Problemen müssen sich die ausländischen Fachkräfte stellen? So soll beispielsweise eine eigens entwickelte App dabei helfen, auch rassistische Erlebnisse zu melden.

Das pralle Programm wurde durch viele Gespräche und angeregten Austausch ergänzt. 

Unsere zentralen Learnings:

  • Der Abbau bürokratischer Hürden hat begonnen, muss aber konsequent weiter umgesetzt werden – und das mit Reichweite statt Kleinteiligkeit.
  • Die bisherigen Projekte und Programme haben hohen Erkenntnisgewinn generiert, skalieren aber mit Blick auf die hohen Bedarfszahlen nicht. 
  • Das Bleiben in Deutschland ist eine größere Herausforderung als das Ankommen. Das zeigen die schwachen Verbleibszahlen – und die Erfahrungsberichte der Menschen, die zu uns kommen.

Das waren die Werkstattgespräche 2024

Let’s talk about… Sustainable management of TVET centers for marginalized target groups

Gemeinsam mit zahlreichen Expertinnen und Experten aus der EZ, der Berufsbildung, dem Globalen Süden und Norden die Frage gestellt: Wie kann ein Berufsbildungszentrum ökonomisch nachhaltig geführt werden – vor allem dann, wenn die Zielgruppe eine benachteiligte ist. Drei Impulse von den Philippinen, aus Burundi und Deutschland zeigten, welche Ansätze ausprobiert wurden und welchen Erfolg sie hatten.

Konstruktiv, innovativ, nachhaltig

Sister Aurora FMA von den Philippinen sucht die Kooperationen mit Unternehmen und hält damit Ausbildung und Ausbildende auf dem neuesten Stand. Mehr und mehr wird auf erneuerbare Energien gesetzt, um die Kosten zu senken.

Father Callixte SDB schildert die Best Practice-Beispiele seiner Berufsbildungseinrichtung in Butere, Burundi. Im Berufsbildungsnetzwerk Don Bosco Tech Africa ist seine Berufsschule ein Exzellenz-Zentrum für ökologische Nachhaltigkeit und spart damit effektiv Geld. 

Wolfgang Marx, Ausbildungsleiter am Jugendhilfezentrum Don Bosco Helenenberg, berichtete von der für ihn wichtigsten Säule einer nachhaltigen Finanzierung: dem „Durchleitungsmodell“ für Solarstrom, dass im Netzwerk der Don Bosco-Einrichtungen in Deutschland im Aufbau ist. 

Berufliche Bildung im Fokus

Seit 2010 lädt Don Bosco Mondo jährlich zu den Werkstattgesprächen Berufliche Bildung ein. Expertinnen und Experten kommen zu fachlichem Austausch zusammen. Dabei immer im Fokus: Wie kann und muss berufliche Bildung aussehen, damit aus Bildung Zukunft wird? 

Ein thematischer Rückblick

  • 2024: Let’s talk about… Sustainable management of TVET centers for marginalized target groups
  • 2023: Let’s learn from… Entrepreneurs. Im Gespräch mit Selbstständigen
    Wie muss Selbstständigkeit vorbereitet sein, damit sie nachhaltig funktioniert – gerade wenn der Weg dorthin über Schul- und Ausbildung kein gängiger ist?
  • 2022: Entrepreneurship – ein starkes Stück Zukunft?!
    Chancen, Nutzen und Risiken von Selbständigkeit als Entwicklungsfaktor
  • 2021: „Wer ist eigentlich dieser Markt?“ 
    Marktorientierung von beruflicher Bildung in der Entwicklungszusammenarbeit
  • 2019: AusBildung wird Zukunft – was macht erfolgreiche berufliche Bildung aus?
  • 2018: Berufliche Bildung 4.0
  • 2017: Netzwerke(n) für Berufliche Bildung
  • 2016: Blue Collar Jobs – eine weltweite Herausforderung für Wirtschaft, Politik und Entwicklungszusammenarbeit? 
  • 2015: Berufliche Bildung heute: Wie gut passt der Ansatz von Don Bosco? 
    Diskussion des hauseigenen Konzeptpapiers zu "Beruflicher Bildung"
  • 2013: Auseinandersetzung und kritische Diskussion des Strategiepapiers des BMZ „Berufliche Bildung in der Entwicklungszusammenarbeit“
  • 2012: Migration als Chance für Entwicklung – Ausrufe- oder Fragezeichen? 
    Arbeitsmigration und ihre Folgen für Mensch, Gesellschaft und Wirtschaft
  • 2011: Zusammenarbeit mit Unternehmen 
  • 2010: Ohne Ausbilder geht`s nicht – Herausforderungen für die kirchliche Entwicklungsarbeit
Susanne Franke Don Bosco Mondo

Sie möchten mit uns zum Thema ins Gespräch kommen?

Dr. Susanne Franke Unternehmenskooperation s.franke(at)don-bosco-mondo.de